Teil 1 (Am Ende vom ersten Lockdown)
Er ist da, der Lockdown. 2 Erwachsene und 3 bzw. 4 Kinder auf 91m². Ich wusste gar nicht, wie grandios 20m² Minigarten sein können. Aber fürs tägliche „Auslüften“ der Kinder hat es gereicht.
Ich versuche mich in Tonlage, Lautstärke und Wörtern wirklich oft zu beherrschen.
Erst letztens habe ich mit meinem Sohn richtig ungut gesprochen und ihm gesagt dass ich enttäuscht bin, wie er sich verhält und ich das nicht schön finde… natürlich tut mir sowas gleich danach irrsinnig weh und leid. Aber was soll ich sagen? Diese Umstände verlangen auch mir einiges ab. Was aber trotzdem keine Entschuldigung sein soll.
Und gerade bin ich mal wieder bei meinen Patchworkkids geplatzt… ich würde nicht sagen dass es nicht ein wenig gerechtfertigt war, aber gut und erwachsen ist ganz bestimmt etwas anderes.
Ich glaube diese 7-wöchige Coronazeit hat mich innerlich irgendwie mürbe gemacht. Ich kann einfach nicht mehr. Genau gleich geht es glaub ich auch den Kids, auch wenn sie es nicht so wie ich ausdrücken können.
Bei der Großen denke ich mir täglich: „Super! Wir haben einen gemeinsamen Weg gefunden!“ Im nächsten Moment denke ich mir, dass sie keine 8 Jahre alt ist sondern entweder 3 oder vielleicht doch schon 14. Ja „Präpubertär“ stimmt schon, aber muss sie es so sehr ausleben, oder anders gefragt: „Wieso reagiere ich so schnell und leicht darauf und wieso triggert es mich so sehr?“
Ich gerate mittlerweile täglich an meine Grenzen und einzig alleine die Schulaufgaben im Homeschooling funktionieren soweit gut, wobei ja nur ein Kind in der Schule ist. Ab Herbst sind es dann zwei Schüler mehr. Gott sei Dank ist mittlerweile ein Ende in Sicht. Mal sehen wie lange…
Teil 2 (August 2020 Sommerferien)
Wir haben seit gut einem Monat Sommerferien, der Lockdown ist seit ca. 3 Monaten vorbei und mit abwechselnden Schultagen hat die Große trotzdem ein super Zeugnis hingelegt.
Auch die Zwillinge sind meiner Meinung nach auf einem guten Weg, um die Einschulung im September (Wenn nicht nochmal Lockdown oder ähnliches kommt) zu meistern.
Wir haben viel Zeit mit meinem Kleinen verbracht, auch eine Woche Urlaub hatte er bei uns. Wir haben die gemeinsame Zeit sehr genossen. Die vier Geschwister wachsen so schön zusammen, wenn sie mehrere Tage am Stück zusammen sind.
Wo unterschiedliche Erziehungsmethoden oder Meinungen zwischen der Mutter meines Sohnes und mir sind, treffen auch andere Punkte zwischen den Kindern aufeinander. Wichtig ist diese zu besprechen. Die 3 Jungs verbünden sich zunehmend gegen die große Schwester und sind manchmal richtig fies zu ihr.
Von Sachen zerstören, die sie aufgebaut hat bis hin zu richtig herablassenden Aussagen und beleidigendem Reden.
Wir leisten hier Aufklärungsarbeit und schnappen uns fast täglich die Jungs her, um ihnen zu erklären dass man mit anderen Menschen nicht so umgeht. Die große Schwester nimmt sich gerne Zeit für sie, um mit ihnen zu spielen, aber wenn sie mit ihr so umgehen, hat auch ihre Gutmütigkeit verständlicherweise ein Ende. Ihnen muss klar werden, dass sie dann irgendwann gar keine Zeit mehr mit ihnen verbringen möchte. Aber die drei Halbmänner sind in der Gruppe natürlich stark und wenn man einzeln mit ihnen redet, tut es ihnen sehr leid.
Teil 3 (Lockdown 2.0 November 2020)
Die Zwillinge sind super eingeschult worden und hatten ja auch immerhin 3 Wochen „normales“ Schulprogramm. Jetzt sitzen wir mit 3 Schulkindern zuhause. Nichts ist mehr, wie im ersten Lockdown. Wir wiederholen nicht nur mit einer 8 Jährigen, die zudem ein gutes Selbstmanagement hat – Nein! – Wir müssen mit ihr genauso neuen Schulstoff erlernen, wie wir mit den Zwillingen quasi die komplette Einschulung selbst vornehmen. Nebenbei: Hut ab vor den Lehrern da draußen!
So haben wir uns das nicht vorgestellt. Ganz und gar nicht… Die Probleme wachsen uns täglich fast über den Kopf. Jeden Tag ein neuer Kampf mit Aufstehen, frühstücken, fertig machen und dann Schulprogramm. Einer sitzt um 9 schon bei den ersten Rechenaufgaben, hingegen ist ein anderer noch im Pyjama sitzend im Zimmer und baut Lego.
Am nächsten Tag wechseln sie natürlich die Rollen.
Täglich beobachten wir die Nachrichten und einerseits genießen wir natürlich die Zeit mit den Kindern zuhause, andererseits sehen wir auch das unsere Arbeit schon etwas darunter leidet und wir für einige Tätigkeiten die sonst in einer Stunde erledigt sind, jetzt den halben Tag brauchen.
Täglich überkommen uns alle zusammen die Emotionen, wenn wir neben beruflichen Zeitdruck auch noch die „Problemchen“ der Kinder haben und dann Sachen sagen, die wir 2sec. später wieder absolut bereuen. Aber auch hier lernen unsere Kinder, dass wir eben alle nur Menschen sind. Auch wir Erwachsene arbeiten täglich an uns selbst.
Heute sind wir sozusagen in Lockdown 3.0
Die Politik gibt bekannt, dass wir vermutlich die Kids nicht vor Ende der Semesterferien im normalen Schulbetrieb schicken können. Ich bin täglich einige Stunden im Büro, um den Tätigkeiten nachzugehen für die ich zuhause zu wenig Konzentration finde.
Kürzlich erst den ersten virtuellen Elternabend hinter uns gebracht, haben wir erfahren dass die Kinder „normal“ beurteilt werden. Obwohl sie, wenn es hoch kommt nur 6 Wochen im Regelschulbetrieb anwesend waren. Den Rest haben sie im Homeschooling durch Lernpakete mit uns erlernt. Vor allem machen wir uns bei den Zwillingen Gedanken, da sie mit einer schlechten Beurteilung bestimmt schwerer umgehen können. Zuhause geben sie sich extrem viel Mühe und das muss doch honoriert werden.
Ich zweifle auch in diesem Lockdown an meiner Strenge und würde gerne manchmal aus meiner Haut kommen. Ich würde lieber den lustigen und verständnisvollen Stiefvater spielen, dennoch hindert mich oft mein eigener Anspruch an sie daran und ich erwarte bestimmt viel zu viel von allen Kindern. Ruhig sein, Tischregeln, Benimmregeln, wenig Naschen, wenig Medienzeit und vieles mehr. Wäre ich nochmal Kind bei mir selbst, würde ich bestimmt meine Sachen packen und gehen.
Höre ich tief in mich hinein, ist mir klar, dass ich diese Ansprüche an sie habe aus Angst. Angst dass ich sie mit einer rein liebevollen und weniger strengen und autoritären Erziehung nicht genug auf diese manchmal Scheiß harte Welt da draußen vorbereite.
Ich wurde schon nach meinen Vorsatz für 2021 gefragt und deshalb habe ich mir an Silvester vorgenommen das Naschen und die Medienzeit weniger streng zu sehen, denn die Leidenschaft fürs Gaming am PC teile ich gerne mit ihnen und auch die Digitale Welt kann ich ihnen bestimmt super erklären. Hier kann ich sie so schon früh davor bewahren vielleicht große Fehler zu machen.
Mir fehlt der Austausch mir anderen Eltern im Home-Office und Homeschooling, also seid ihr hier gefragt. Wie geht es euch bis jetzt so? Ähnliche Erlebnisse bei euch zuhause?
Lest auch gern mal hier rein zum Thema Papakolumne #2 – Ein besserer Stiefvater